«Crossroads» ist ein atemberaubend gut geschriebener Familienroman über Moral, Religion und Vergebung. Angelegt in den Siebzigerjahren, kämpfen alle Mitglieder der Pfarrersfamilie Hildebrandt um Selbstverwirklichung — und das mit Würde: Vater Russ, knietief im Schlamm seiner Midlifecrisis steckend, begehrt seine dicke Marion nicht mehr, von deren Vorleben er nichts weiss. Die unbestritten perfekte Tochter Becky enttäuscht Bruder Clem, der sich freiwillig in die letzten Kriegstage nach Vietnam begeben will. Und dann sind da noch Perry, dessen wirres Innenleben sich im Laufe der 832 Seiten in eine ausgewachsene Psychose entwickelt, sowie der gesichtslose kleine Judson. Ob der Keim alles Unheils in Vaters rigider, mormonischer Kindheit liegt oder in Mutters schizophrenen Genen: Jonathan Franzen gelingt ein Panoptikum menschlicher Auswüchse, das zu lesen süchtig macht. Zum grossen Glück darf sich die geneigte Leserschaft auf die nächsten beiden Folgen dieser Trilogie freuen.